Luther trifft Pink Floyd, die Beatles und andere Popgrößen

Außergewöhnliche Klänge zum Orgelkonzert mit Gerhard Müller

Mit den letzten Orgelklängen zu Michael Jacksons „We are the World“ Song war der Geist dieser viel zu früh verstorbenen Popgröße fast greifbar. Nach kurzer Ergriffenheit im Publikum über das an diesem frühen Abend Gehörte, brandete großer Applaus für den Organisten Gerhard Müller auf, der der Kirchenorgel so ganz andere Töne als in den Gottesdiensten entlockte.

Pfarrerin Katharina Garben hatte für die erkrankte Bettina Lukasczyk die Moderation dieses außergewöhnlichen Orgelkonzertes übernommen und spannte den Bogen von Reformator Martin Luther zu weltbekannten Hits und deren Interpreten.

„Auch schon Martin Luther habe erkannt, dass die Musik ein Geschenk des Himmels sei, die Beste aller Gottesgaben. Nicht nur die geistliche Musik, auch die Popularmusik unserer Zeit“, so Pfarrerin Garben.

Und dieses Geschenk der Freude an der Musik wurde auf besondere Weise von Gerhard Müller an der Orgel interpretiert.

Zum Auftakt erklang das eigens zum Reformationsjubiläum komponierte Lied von Addi Manseicher Solagratia „Allein aus Gnade“.

Wer kennt nicht den größten Erfolg „Hymn“ der englischen Gruppe Barclay James Harvest? Ein Lied an die verstorbenen Popgrößen, die von ihren Höhenflügen des Drogenmissbrauchs nicht zurück kamen. Die Botschaft: Wenn du Gott sehen willst, musst du auf die andere Seite gehen.

Noch immer sind die Beatles die Gruppe mit den meistverkauften Platten weltweit. Aus dem letzten Album hatte Gerhard Müller „Let it be“ ausgewählt. Manche meinen, Paul McCartney habe dieses Lied zu Ehren von Maria, der Mutter Gottes geschrieben. Andere meinen, seine verstorbene Mutter Tracy habe ihm im Traum die beruhigenden Worte „Let it be“ – lass es geschehen, nimm es an, mit auf den Weg gegeben.

Von Luthers innerer Zerrissenheit erzählt das Lied „Nun freut euch lieben Christengmein“. Die Besucher waren eingeladen, das Lied mitzusingen und mit den vertrauten Orgelklängen gelang das sehr gut.

From a distance“, Julie Gold, das ist sie, die amerikanische Sängerin und Songschreiberin. Die berühmteste gecoverte Version kennt man von Bette Midler. Die Erkenntnis dieses Lieds: Gott passt auf uns auf und alles, was erreicht wurde, wurde aus Hoffnung getan. Gerhard Müller verstand es, an der Orgel, diese Zuversicht mit seinen Klängen zu vermitteln.

Earth Song, der sich mit ökologischen Aspekten beschäftigt, spiegelt die innere Zerrissenheit und die Ängste Michael Jacksons um Themen wie Religion, Krieg und zerstörerisches Handeln wieder. Rettung suchte Jackson in Medikamenten und Drogen, die er nicht fand. Luther dagegen wurde seine Entdeckung vom gnädigen Gott lebensrettend und lebensweisend.

Welche Interpretation zum Jahrtausendgebet „The Millennium Prayer“, das von Gerhard Müller oder von Cliff Richard, der auf eine 60jährige Bühnenpräsenz zurückblicken kann, war dem Besucher des Konzertes überlassen. Auf jeden Fall machte die musikalische Bandbreite der Vertonung des Vaterunsers einfach sprachlos.

Das „Kyrie eleison“ ist seit dem 4./5. Jahrhundert im christlichen Glauben nachweisbar. Anfang 1986 stand der Popsong von „Mister Mister“ auf den vorderen Rängen der USA Hitparade.

Der Soundtrack unserer Jugend mit Pink Floyd über Freiheit und Standhaftigkeit durfte bei diesem Orgelkonzert nicht fehlen. „Another Brick in the Wall“, ein zweifelsohne zeitloses Meisterwerk, rechnet mit dem autoritären Schulsystem der Nachkriegszeit ab und wurde weltweit eine Hymne für Rebellen. So stellt man sich auch Martin Luther vor: Kämpferisch, rebellisch.

Mit dem bekannten Friedenslied „We are the world“, das 1985 aufgenommen wurde und Geld zur Hilfe für die Hungernden in Afrika einspielen sollte, wurde durch die vielen Mitwirkenden wie z.B. Stevie Wonder, Diana Ross, Lionel Richie und viele andere zu einem Welthit. Liebe ist alles was wir brauchen, wir sind die Kinder dieser Welt.

Nachdenklichkeit, Lebensfreude und die Verbindung zu Martin Luthers Aussage, dass Musik ein Geschenk Gottes sei, spiegelte sich in den Tönen Gerhard Müllers an der Orgel wider. Ein Genuss, der vom Publikum in der voll besetzten Kirche mit überaus großem Applaus belohnt wurde. Himmel und Erde verbinden uns mit dem Schöpfer, so Gerhard Müller. Als Zugabe endete das Konzert deshalb mit dem Lied von Bryan Adams: „Heaven“.

Dass die angekündigte Illustration des Orgelkonzertes wegen der Erkrankung von Bettina Lukasczyk leider nicht stattfinden konnte, tat der Freude über dieses Gänsehautkonzert keinen Abbruch. Richtig sagte Pfarrerin Katharina Garben zu Anfang des Konzertes: „Schließen Sie die Augen und lassen Sie ihre eigenen Bilder zu den Orgelklängen entstehen.”

Welcher persönliche Hit nun Favorit war, konnte bei dem anschließenden Sektempfang im Gemeindehaus in den Gesprächen mit Gerhard Müller nicht ganz geklärt werden. Außer, dass man sich auf ein weiteres Orgelkonzert mit Gerhard Müller schon heute freut.

Renate Hettwer