Netzwerk Flüchtlinge

Netzwerk Flüchtlinge – die ersten Erfahrungen

Lange war das Thema Flüchtlinge relativ weit weg – auch wenn es mit Heidelberg, Schwetzingen und unseren Nachbarorten eigentlich schon längst geografisch nah war – und auch durch die Besucher der AWO Kleiderkammer. Oft nimmt man etwas erst so richtig wahr, wenn man in der Nachbarschaft oder unmittelbaren Umgebung damit in Kontakt kommt.

Als sich das Netzwerk Flüchtlinge in Neulußheim gründete, war es für viele keine Frage, sich zu engagieren. Unterstützen wollen und nicht nur zuschauen, aber auch Neugier auf neue Menschen und andere Kulturen, willkommen heißen und offen sein für Neues waren dabei sicherlich wichtige Motive.

Die vergangenen Wochen seit der Ankunft der Flüchtlinge in Neulußheim waren eine spannende und lehrreiche Zeit. Und sie ist es immer noch.

Fast jeden Tag lernen die Flüchtlinge und wir vom Netzwerk Neues dazu. Es ist schier unglaublich, was es an Formularen, Dokumenten und Nachweisen zu besorgen oder auszufüllen, zu lesen und zu verstehen gibt. Es ist schon für uns Einheimische schwierig, sich im „Paragraphendschungel“ zurechtzufinden – um wieviel schwerer ist es da für Menschen, die gerade erst Deutsch lernen. Dazu kommt, dass es viele verschiedene Ämter und Anlaufstellen gibt, die involviert sind – und dass die Zuständigkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungensich zum Teil von Flüchtling zu Flüchtling, selbst innerhalb einer Familie, unterscheiden. Sozusagen die „Kür“ kommt, sobald es in einer Familie Nachwuchs gibt und es darum geht, eine Geburtsurkunde ausgestellt zu bekommen. Das haben wir jetzt schon gelernt, dass das alles andere als selbstverständlich ist.

Von den jetzt gemachten Erfahrungen werden alle im Netzwerk Mitarbeitenden profitieren können, und es würde so für zukünftig Ankommende vielleicht etwas einfacher werden. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass jeder mit seiner Lebensgeschichte einzigartig ist und sich dadurch immer wieder neue Herausforderungen ergeben, um allem gerecht zu werden. Aber das ist eben auch das Spannende an der Arbeit im Netzwerk: Neues kennenlernen, Herausforderungen meistern und dabei nie den Menschen aus den Augen verlieren.

Neben den amtlichen Dingen gab es in den letzten Wochen viele erfreuliche Erlebnisse und es ist schön zu sehen, wie alle immer mehr im Alltag ankommen. So erobern sich die Kinder nach und nach Kindergarten und Schule. Da reichen die Erlebnisse von der Einschulungsfeier mit großer Zuckertüte bis hin zu erfolgreich absolvierten Mathe-Aufgaben und stolz vorgeführten Schreibübungen. Auch das Vorlesen klappt von Mal zu Mal besser. Aber es gibt natürlich auch die Erfahrung, dass nicht immer alles so schnell geht mit dem Lernen, wie man es sich vielleicht selbst wünscht und dass viel Übung notwendig ist – bei Kindern wie bei Erwachsenen.

Diese Erfahrung können auch wir hier immer wieder machen, wenn wir in den Genuss einer Arabischstunde kommen und selbst zu Lernenden werden. Die nicht so ganz von Erfolg gekrönten Versuche, die verschiedenen „r“ und „ch“-Laute korrekt nachzusprechen, führen bei der ganzen Familie regelmäßig zu Lachanfällen. So haben wir schon sehr unterhaltsame Stunden verbracht.

Ernster wird es dann wieder beim Thema Zahnarzt. Die ersten tapfer durchgestandenen Zahnarztbesuche sind absolviert. Dass dabei Zähne gerettet werden konnten und nicht gezogen werden mussten, wurde von allen erfreut registriert.

Viele Neulußheimer haben den ein oder anderen aus den Familien schon gesehen oder vielleicht auch schon Kontakt gehabt – eventuell beim Treff unterm Nussbaum oder an Erntedank. Aber auch beim Fußball oder einfach auf der Straße ergeben sich immer wieder Kontaktmöglichkeiten. Kürzlich hieß es dann „Hurra, das Baby ist da“. Damit konnten wir das erste „Neulußheimer“ Flüchtlingsbaby begrüßen. Mutter und Kind sind wohlauf und die ganze Familie ist mächtig stolz auf den Familienzuwachs. Dank vieler Spenden ist das Baby gut versorgt und kann jetzt hoffentlich so richtig in das Leben in Neulußheim hineinwachsen.

Wer daran interessiert ist, sich über die Aktivitäten des Netzwerks Flüchtlinge zu informieren oder sich zu engagieren, ist herzlich dazu eingeladen. Kontakt zum Netzwerk kann über das Pfarramt aufgenommen werden.


Treffen des Netzwerks Flüchtlinge – Informationen und Gespräch zur Flüchtlingsfrage

Am Dienstag, 24. November trifft sich um 19.30 Uhr das Netzwerk Flüchtlinge im Evangelischen Gemeindehaus. Interessierte sind herzlich eingeladen.

Es werden Erfahrungen geteilt aus der bisherigen Arbeit und es wird einen  Ausblick auf die Flüchtlingssituation im kommenden Jahr und ihre Auswirkungen auf unsere Gemeinde geben in Zusammenarbeit mit der Kommune.

Im Anschluss sollen Konsequenzen daraus gemeinsam besprochen werden.

gemeindehaus-neulussheim