Vertraut den neuen Wegen – Gemeindeversammlung am Gründonnerstag

Weniger Personal, weniger Gebäude – auf die evangelischen Kirchengemeinden innerhalb der Evangelischen Kirche Baden kommen in den nächsten Jahren wesentliche Veränderungen zu. Welche das für die HoRAN-Region und die Gemeinde Neulußheim im Speziellen sind, das ist bei einer Gemeindeversammlung am Gründonnerstag im Gemeindehaus Neulußheim vorgestellt worden.Es werden einschneidende Veränderungen sein, denen sich die Kirchengemeinden unterziehen müssen. „Aber das Ganze ist ein Prozess. Das heißt, es erstreckt sich über einen längeren Zeitraum“, betonte Andreas Roth, Vorsitzender der Gemeindeversammlung, in seiner Einleitung. Bis 2036 müssen 30 Prozent der Pfarrstellen im Bezirk Südliche Kurpfalz abgebaut werden (von 29,5 auf 22). Bei den Diakonenstellen sollen bis dahin aus 10,25 7,5 werden. Noch etwas mehr Zeit bleibt, wenn es um die Verringerung des Gebäudebestands geht. Bis 2050 muss der Bestand auf 30 Prozent dessen reduziert werden, was derzeit zentral mitfinanziert wird, also wofür Kirchensteuermittel verwendet werden.

Nötig wird das, weil immer weniger Menschen in der Kirche sind. „1960 hatte die evangelische Kirche in Baden noch 1,3 Millionen Mitglieder und 1300 Gebäude. Derzeit sind es weniger als eine Million Mitglieder, aber 2100 Gebäude“, erläuterte Jonas Ballreich in seinem Vortrag. Er gehört wie Pfarrerin Katharina Garben der Strategiegruppe des Kirchenbezirks an, die den Prozess begleitet und gestaltet. „Um alle Gebäude zu erhalten, bräuchte man etwa 110 Millionen Euro pro Jahr. Zur Verfügung stehen aber lediglich 45“, verdeutlichte Ballreich das Missverhältnis.

„Es besteht also Handlungsbedarf“, betonte Ballreich. Viele Gebäude seien nicht mehr zukunftsfähig. „Wir sitzen in einer Ausnahme“, meinte er mit Verweis auf das evangelische Gemeindehaus. Das entspricht modernsten Standards und ist dementsprechend – wie das Pfarrhaus – von der Gebäudeampel mit der Farbe „grün“ bedacht worden. Mit den drei Farben einer Ampel sind die zentral mitfinanzierten Gebäude in Kategorien eingeordnet worden. Ausschlaggebend dafür, welche Farbe den einzelnen Immobilien zugeteilt wurde, waren Faktoren wie Klimaverträglichkeit, Verwertbarkeit, Flexibilität bei der Nutzung, Ästhetik oder kommunale Verflechtungen. „Ist ein Gebäude rot, wird dafür 2029 die zentrale Mitfinanzierung gestoppt“, sagte Ballreich.

Konkret bedeutet das zum Beispiel für Neulußheim und die anderen Gemeinden der HoRAN-Region, dass in Reilingen das Luther-Haus „grün“, die Kirche aber „rot“ ist. In Neulußheim ist die Kirche mit „gelb“ bewertet worden. In Altlußheim sind das Emil-Frommel-Haus und der Gemeindehausanbau jeweils mit „rot“ bewertet worden, die Kirche allerdings mit „grün“. In Hockenheim sind Kirche und Pfarrhaus jeweils „grün“, das Luther-Haus allerdings „gelb“. „Die Region ist dabei sehr gut weggekommen. Es gibt Gemeinden, die keine ,grünen‘ Gebäude haben“, erläuterte Pfarrerin Katharina Garben.

Dass die Neulußheimer Kirche „nur“ „gelb“ eingestuft wurde, liegt daran, dass die Gotteshäuser in den Nachbargemeinden Hockenheim und Altlußheim neuer und flexibler sind, erläuterte Ballreich. „Aber jetzt ist die Phase, in der wir noch einen Plan aufstellen und Strukturen aufbauen können, wie wir die Kirche erhalten können“, sagte er weiter. Zwar seien die Auswirkungen der Gebäudeampel noch nicht vollständig geklärt. Ballreich und Garben hielten es jedoch für relativ unwahrscheinlich, dass Gebäude von „gelb“ in „grün“ wieder hochgestuft werden.

In Sachen Stellenreduzierung gehe es vor allem darum, Potenzial für Kooperationen zu finden. Der Vorteil der Gemeinden in der HoRAN-Region: Sie arbeiten schon auf einigen Ebenen eng zusammen. Bestes Beispiel dafür ist das Tauffest am Blausee, das sehr gut angenommen wird. Aber auch der neu aufgelegte Ferienkurs für Konfirmanden und die Predigtreihe zeugen davon, dass in den Gemeinden schon viel und eng zusammengearbeitet wird. Die Reduzierung solle hauptsächlich dadurch erreicht werden, dass freie Stellen nicht mehr besetzt werden.

In der anschließenden Fragerunde stand erwartungsgemäß der Erhalt der Kirche in Neulußheim im Fokus. Ein Szenario, dass die Teilnehmer der Gemeindeversammlung umtrieb: „Wird nach dem Silvestergottesdienst die Kirche zugeschlossen?“ Da wurde deutlich, dass der Wille in der Gemeinde stark ist, das Gotteshaus auch weiterhin zu erhalten. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen könnte ein Förderverein sein. Dieser würde Gelder sammeln, mit denen das Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, erhalten werden kann. Klar ist aber auch, dass dafür noch viele Fragen ungeklärt sind, speziell im formal-juristischen Bereich. Die nächste Gemeindeversammlung ist für den 24. Juni anberaumt. Dann soll es darum gehen, wo die Gemeinde 2030/2040 stehen will.